Kritische Geschwindigkeit in der Rotordynamik erklärt
Definition: Was ist eine kritische Geschwindigkeit?
A kritische Geschwindigkeit ist eine Drehzahl, die der Eigenfrequenz eines Rotors entspricht. Wenn eine Maschine bei oder nahe einer ihrer kritischen Drehzahlen arbeitet, tritt das Phänomen der Resonanz Es kommt zu einer dramatischen und oft gefährlichen Verstärkung der Rotorschwingung, da selbst eine geringe Restunwucht enorme Zentrifugalkräfte erzeugen kann. Jedes Rotorsystem hat mehrere kritische Drehzahlen, die seinen verschiedenen Schwingungsarten (z. B. erster Biegemodus, zweiter Biegemodus usw.) entsprechen.
Warum ist die kritische Geschwindigkeit so wichtig?
Das Verständnis und der Umgang mit kritischen Drehzahlen ist einer der grundlegendsten Aspekte bei der Konstruktion und Analyse rotierender Maschinen. Der Betrieb einer Maschine mit einer kritischen Drehzahl, selbst für einen kurzen Zeitraum, kann katastrophale Folgen haben. Die Folgen sind:
- Übermäßige Vibration: Je nach Dämpfung des Systems können die Amplituden um den Faktor 10, 20 oder sogar mehr zunehmen.
- Komponentenfehler: Die starken Vibrationen und Wellendurchbiegungen können zu Lagerausfällen, Dichtungsschäden und Reibungen zwischen rotierenden und stationären Teilen führen.
- Katastrophaler Wellenausfall: In schweren Fällen können die Biegespannungen die Dauerfestigkeit des Materials überschreiten, was zu Rissen oder Brüchen der Welle führen kann.
- Sicherheitsrisiken: Ein Maschinenausfall bei hoher Geschwindigkeit stellt ein erhebliches Risiko für das Personal und die umliegende Ausrüstung dar.
Aus diesen Gründen werden Maschinen immer so konstruiert, dass sie mit einer „Trennungsmarge“ arbeiten, d. h. ihre normale Betriebsgeschwindigkeit wird absichtlich in sicherem Abstand von allen kritischen Geschwindigkeiten gehalten.
Starre vs. flexible Rotoren
Das Konzept der kritischen Drehzahl unterscheidet einen „starren“ Rotor von einem „flexiblen“:
- Starrer Rotor: Ein Rotor, der unterhalb seiner ersten kritischen Drehzahl arbeitet. Seine Welle verbiegt sich während des Betriebs nicht nennenswert. Dies sind typischerweise langsamere, gedrungenere Rotoren.
- Flexibler Rotor: Ein Rotor, der für den Betrieb oberhalb seiner ersten (und manchmal zweiten oder dritten) kritischen Drehzahl ausgelegt ist. Seine Welle verbiegt sich beim Durchlaufen der kritischen Drehzahlen beim An- und Abschalten. Schnelle, schlanke Rotoren, wie sie in Turbinen und Kompressoren zum Einsatz kommen, sind flexible Rotoren.
Beherrschung kritischer Drehzahlen im Maschinenbetrieb
Da es oft nicht praktikabel ist, eine Hochgeschwindigkeitsmaschine zu konstruieren, die unter ihrer ersten kritischen Geschwindigkeit bleibt, verwenden Ingenieure mehrere Strategien, um diese Geschwindigkeit zu bewältigen:
1. Trennungsabstand
Die gängigste Strategie besteht darin, sicherzustellen, dass die Dauerbetriebsdrehzahl der Maschine nicht zu nahe an einer kritischen Drehzahl liegt. Ein typischer Toleranzbereich liegt bei ±20-30%. Liegt die kritische Drehzahl beispielsweise bei 3.000 U/min, sollte die Maschine nicht dauerhaft zwischen 2.400 und 3.600 U/min betrieben werden.
2. Schnelle Beschleunigung/Verzögerung
Bei flexiblen Rotoren, die kritische Drehzahlen erreichen müssen, sind die An- und Abschaltvorgänge so ausgelegt, dass die kritischen Drehzahlbereiche so schnell wie möglich durchlaufen werden. Das Verweilen bei einer kritischen Drehzahl kann zu gefährlichen Schwingungsamplituden führen. Ein schnelles Durchlaufen minimiert die Zeit, in der diese Verstärkung auftritt.
3. Dämpfung
Dämpfung ist die Ableitung von Schwingungsenergie und begrenzt die Spitzenamplitude bei Resonanz. Lager, insbesondere Flüssigkeitsfilmlager, sind eine Hauptquelle der Dämpfung in Rotorsystemen. Durch die Optimierung der Lagerkonstruktion können Ingenieure die Schwingungsspitze bei der kritischen Drehzahl auf ein sicheres und beherrschbares Niveau begrenzen.
4. Präzisionsauswuchten
Die Schwingung bei kritischer Drehzahl ist eine verstärkte Reaktion auf eine Unwucht. Je besser ein Rotor ausgewuchtet ist, desto kleiner ist die Zwangsfunktion und desto geringer ist die Spitzenschwingung beim Durchlaufen der kritischen Drehzahl. Für flexible Rotoren sind spezielle Mehrebenen-Auswuchttechniken erforderlich.
Wie werden kritische Geschwindigkeiten ermittelt?
Kritische Geschwindigkeiten werden mithilfe mehrerer Methoden ermittelt:
- Rotordynamische Analyse (RDA): Während der Entwurfsphase werden Computermodelle (häufig unter Verwendung der Finite-Elemente-Analyse) erstellt, um die kritischen Geschwindigkeiten und Eigenformen eines Rotors vorherzusagen.
- Hochlauf-/Auslauftests: Die gängigste experimentelle Methode. Schwingungsamplitude und -phase werden beim An- und Abschalten einer Maschine gegen die Drehzahl aufgetragen. Eine kritische Drehzahl wird durch eine deutliche Amplitudenspitze mit einer charakteristischen Phasenverschiebung von 180 Grad gekennzeichnet. Diese Tests erzeugen Diagnosediagramme wie die Bode-Diagramm und Wasserfalldiagramm.
- Aufprallprüfung (Bump-Test): Durch Schlagen mit einem instrumentierten Hammer auf den Rotor im Ruhezustand können dessen Eigenfrequenzen angeregt werden, die den kritischen Drehzahlen entsprechen.