ISO 10816-1: Mechanische Schwingungen – Bewertung von Maschinenschwingungen durch Messungen an nicht rotierenden Teilen – Teil 1: Allgemeine Richtlinien
Zusammenfassung
ISO 10816-1 ist ein wichtiger Standard für die Zustandsüberwachung von Maschinen. Er legt die allgemeinen Grundsätze für die Messung und Bewertung von Schwingungen an nicht rotierenden oder stationären Maschinenteilen, wie z. B. Lagergehäusen, fest. Diese Norm ersetzt die historische ISO 2372 und dient als übergeordnetes Dokument für eine Reihe anderer Normen (z. B. ISO 10816-3 für Industriemaschinen), die spezifische Schwingungsgrenzwerte für verschiedene Maschinenklassen festlegen. Sein Hauptziel besteht darin, eine standardisierte, zuverlässige Grundlage für die Bewertung des Betriebszustands von Maschinen und für die Festlegung von Abnahmekriterien bereitzustellen.
Hinweis: Diese Norm wird schrittweise durch die ISO-20816-Reihe ersetzt, deren Ziel es ist, die Grundsätze der Verrohrungsmessung (ISO 10816) und der Schachtmessung (ISO 7919) in einem einzigen, umfassenden Rahmen zu vereinen. Die Grundsätze und Zonendefinitionen der ISO 10816-1 sind jedoch weiterhin weit verbreitet.
Inhaltsverzeichnis (Konzeptionelle Struktur)
Die Norm ist so strukturiert, dass sie einen vollständigen Rahmen für die Einrichtung und Durchführung eines Programms zur Bewertung von Maschinenschwingungen bietet:
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1. Umfang und Messung:
Dieser erste Abschnitt definiert den Anwendungsbereich der Norm und stellt klar, dass sie sich auf die Messung von Strukturschwingungen an stationären, nicht rotierenden Maschinenteilen, vor allem an Lagergehäusen, bezieht. Er legt fest, dass der bevorzugte Messparameter für die Zustandsüberwachung ist Breitband quadratischer Mittelwert (RMS) Geschwindigkeit, da es eine stabile und repräsentative Messung der zerstörerischen Energie von Vibrationen über einen weiten Drehzahlbereich von Maschinen liefert. Die Norm gibt einen Standardfrequenzbereich für diese Messung vor, typischerweise 10 Hz bis 1.000 Hz, der sich zur Erkennung der häufigsten Maschinenfehler wie Unwucht und Fehlausrichtung eignet. Sie bietet außerdem grundlegende Hinweise dazu, wo Messungen (an den Lagern in horizontaler, vertikaler und axialer Richtung) durchgeführt werden sollten, um ein vollständiges Bild des dynamischen Zustands der Maschine zu erhalten.
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2. Instrumentierung:
Dieses Kapitel enthält die Leistungsanforderungen an die für die Messungen verwendeten Instrumente. Es legt fest, dass das gesamte Messsystem, einschließlich Sensor, Verkabelung und Messgerät, die RMS-Geschwindigkeit im angegebenen Frequenzbereich präzise messen kann. Es schreibt vor, dass das Instrument einen ausreichenden Dynamikbereich haben muss, um sowohl sehr ruhig laufende als auch unruhig laufende Maschinen verzerrungsfrei zu messen. Die Norm legt außerdem großen Wert auf die korrekte Sensormontage, um Datengenauigkeit und Wiederholbarkeit zu gewährleisten, und verweist direkt auf ISO 5348 als maßgeblicher Standard für die Montage von Beschleunigungsmessern. Schließlich ist es erforderlich, dass die Instrumente regelmäßig auf einen rückführbaren Standard kalibriert werden, um ihre fortlaufende Genauigkeit sicherzustellen.
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3. Bewertungskriterien:
In diesem Kernabschnitt werden die beiden grundlegenden Philosophien zur Bewertung der Schwingungsstärke dargelegt. Es wird erklärt, dass eine umfassende Bewertung nicht auf einer einzigen Methode beruhen sollte, sondern auf einer Kombination beider Methoden:
- Kriterium 1: Schwingungsstärke. Hierbei handelt es sich um die Bewertung des absoluten Schwingungswerts zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vergleich zu vordefinierten Grenzwerten (den im nächsten Abschnitt beschriebenen „Zonen“). Dieses Kriterium dient der absoluten Beurteilung des Maschinenzustands und ist für Abnahmeprüfungen und die Festlegung von Obergrenzen zur Schadensverhütung von entscheidender Bedeutung.
- Kriterium 2: Änderung der Schwingungsstärke. Dieses Kriterium untersucht die Schwingungsentwicklung im Zeitverlauf und vergleicht den aktuellen Wert mit dem etablierten Normalwert der Maschine. Die Norm betont, dass eine signifikante *Änderung* der Schwingung, wie beispielsweise eine Verdoppelung der RMS-Geschwindigkeit, ein deutlich zuverlässigerer Indikator für einen sich entwickelnden Fehler sein kann als der absolute Wert allein. Die Schwingung einer Maschine könnte sich verdoppeln, aber immer noch im „Gut“- oder „Befriedigend“-Bereich liegen. Dennoch wäre diese Änderung ein deutliches Warnsignal, das einer Untersuchung bedarf.
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4. Bewertungszonen:
Um einen einfachen, umsetzbaren Rahmen für Kriterium 1 (absolute Größe) zu schaffen, führt die Norm ein System mit vier Bewertungszonen ein. Diese Zonen dienen als universelle „Bewertungen“ für den Maschinenzustand. Wichtig ist, dass dieser allgemeine Teil der Norm nur das Konzept der Zonen definiert; die spezifischen Zahlenwerte für die Zonengrenzen (in mm/s) finden sich in den maschinenspezifischen Teilen der Norm (z. B. ISO 10816-3). Die Zonen sind wie folgt definiert:
- Zone A: Die Vibrationen neu in Betrieb genommener Maschinen fallen normalerweise in diesen Bereich.
- Zone B: Maschinen mit Vibrationen in diesem Bereich gelten normalerweise als für den uneingeschränkten Dauerbetrieb geeignet.
- Zone C: Maschinen mit Vibrationen in diesem Bereich gelten normalerweise als für den Dauerbetrieb ungeeignet. Die Maschine kann für einen begrenzten Zeitraum in diesem Zustand betrieben werden, bis sich die Möglichkeit zur Abhilfe ergibt.
- Zone D: Vibrationswerte innerhalb dieses Bereichs gelten normalerweise als ausreichend stark, um Schäden an der Maschine zu verursachen.
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5. Betriebsgrenzen (Alarme):
Dieser letzte Abschnitt bietet eine praktische Methodik zur Implementierung der Bewertungskriterien in einem realen Überwachungsprogramm. Er empfiehlt die Einrichtung von zwei unterschiedlichen Alarmstufen, um Maschinenrisiken effektiv zu managen:
- Alarm: Dies ist eine Warnstufe, die anzeigt, dass die Vibration ihren normalen, stabilen Basiswert überschritten hat. Ein Alarm stellt nicht unbedingt einen Hinweis auf unmittelbare Gefahr dar, dient aber als Auslöser für eine verstärkte Überwachung oder die Planung einer Untersuchung zur Ermittlung der Ursache der Veränderung. Dieser Grenzwert basiert typischerweise auf Kriterium 2 (eine signifikante Abweichung vom Basiswert).
- Reise: Dies ist ein Abschaltwert, der auf einen höheren, absoluten Wert festgelegt ist und die Obergrenze des zulässigen Betriebs darstellt. Wird dieser Wert überschritten, besteht die Gefahr eines unmittelbaren und schweren Maschinenschadens. Die Reaktion sollte in sofortigen Maßnahmen bestehen, die auch das Abschalten der Maschine umfassen können. Dieser Grenzwert basiert typischerweise auf Kriterium 1 (einer absoluten Größe, oft der Zone C/D-Grenze).
Schlüsselkonzepte
- RMS-Geschwindigkeit: Der Standard bekräftigt, dass die RMS-Geschwindigkeit die beste Einzelmetrik für den Gesamtzustand einer Maschine im angegebenen Frequenzbereich ist, da sie in direktem Zusammenhang mit der zerstörerischen Energie der Vibration steht.
- Breitbandmessung: Der Standard basiert auf einem einzigen „Gesamt“-Vibrationswert, nicht auf einer detaillierten Spektrum. Es handelt sich um ein Screening-Tool, nicht um ein Diagnosetool. Ein hoher Wert zeigt an, *dass* ein Problem vorliegt, aber nicht, *was* das Problem ist.
- Allgemein vs. Spezifisch: Teil 1 bildet den allgemeinen Rahmen. Konkrete, umsetzbare Schwingungsgrenzwerte für eine bestimmte Maschine finden Sie in den anderen Teilen der ISO 10816- und ISO 20816-Reihe.