ISO 13373-1: Zustandsüberwachung und Diagnose von Maschinen – Schwingungszustandsüberwachung – Teil 1: Allgemeine Verfahren
Zusammenfassung
ISO 13373-1 legt ein systematisches und wiederholbares Verfahren zur Durchführung von Schwingungsmessungen und -analysen im Rahmen eines Zustandsüberwachungsprogramms fest. Es dient als grundlegende Anleitung für die Einrichtung eines Überwachungsprogramms und beschreibt detailliert alles von der Auswahl der Messpunkte und Parameter bis hin zur Datenerfassung und grundlegenden Analyse. Ziel ist es, sicherzustellen, dass die erfassten Schwingungsdaten konsistent, zuverlässig und geeignet sind, Veränderungen des Maschinenzustands im Laufe der Zeit zu erkennen. Diese Norm formalisiert im Wesentlichen die Best Practices für routenbasierte Datenerfassung.
Inhaltsverzeichnis (Konzeptionelle Struktur)
Der Standard bietet eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Einrichten einer robusten Schwingungsüberwachungsroutine:
-
1. Umfang und Ziele:
In diesem grundlegenden Kapitel wird der Zweck der Norm explizit definiert, nämlich die Festlegung eines allgemeinen, systematischen und wiederholbaren Verfahrenssatzes für den gesamten Prozess der Schwingungszustandsüberwachung. Das Hauptziel besteht darin, sicherzustellen, dass Schwingungsdaten konsistent und zuverlässig erfasst werden, damit sie ihrem beabsichtigten Zweck gerecht werden: der Erkennung von Veränderungen im dynamischen Verhalten einer Maschine im Zeitverlauf. Die Norm soll das verfahrenstechnische Rückgrat für die Einrichtung eines neuen Schwingungsüberwachungsprogramms oder die Prüfung eines bestehenden Programms bilden. Sie betont, dass ein Unternehmen durch die Einhaltung dieser Verfahren eine hochwertige Datenbank mit dem Schwingungsverlauf von Maschinen erstellen kann, die die wesentliche Voraussetzung für eine effektive Fehlererkennung, Trendanalyse und Diagnose ist. Sie stellt klar, dass dieser Teil der Norm die allgemeine Methodik abdeckt, während nachfolgende Teile (z. B. ISO 13373-2) detailliertere Diagnosetechniken bereitstellen.
-
2. Messung und Sensorauswahl:
Dieses Kapitel befasst sich mit den kritischen Entscheidungen, die die Grundlage jeder Schwingungsmessung bilden. Es empfiehlt eine strukturierte Auswahl der Messpunkte und betont, dass diese möglichst nahe an den Lagern der Maschine liegen sollten, um die vom Rotor übertragenen Kräfte genau zu erfassen. Es bietet detaillierte Hinweise zur Messausrichtung (horizontal, vertikal, axial), um ein vollständiges dreidimensionales Bild der Maschinenbewegung zu gewährleisten. Ein wesentlicher Teil dieses Abschnitts ist der Sensorauswahl gewidmet und erläutert die Vor- und Nachteile verschiedener Messumformertypen. Es betont, dass die Beschleunigungsmesser ist aufgrund seines breiten Frequenzbereichs und seiner Robustheit die häufigste Wahl, diskutiert aber auch die Verwendung von Geschwindigkeitssonden und berührungslosen Näherungssonden für bestimmte Anwendungen. Es wird betont, dass die Qualität der Daten direkt von der Montagemethode des Sensors abhängt. Es wird dringend empfohlen, permanente Bolzenhalterungen für qualitativ hochwertige und wiederholbare Daten zu verwenden. Außerdem wird auf die detaillierten Richtlinien in verwiesen. ISO 5348.
-
3. Messparameter:
Dieser Abschnitt ist wohl der technischste, da er die Einstellungen des Datensammlers vorgibt, die die Qualität und Nützlichkeit der Spektral- und Wellenformdaten bestimmen. Er bietet eine detaillierte Methodik zur Auswahl dieser Parameter basierend auf der jeweiligen Maschine und den zu überwachenden potenziellen Fehlern. Zu den wichtigsten Parametern gehören:
- Frequenzbereich (Fmax): Der Standard erklärt, wie die maximale Frequenz für die Messung gewählt wird. Diese muss hoch genug sein, um die relevanten Signaturen zu erfassen, wie z. B. die hochfrequenten Töne von Lagerdefekte oder Zahneingriff, ohne so hoch zu sein, dass unnötiger Lärm entsteht.
- Auflösung: Dies bezieht sich auf die Anzahl der Zeilen in der FFT Spektrum. Die Norm bietet eine Anleitung zur Auswahl einer Auflösung, die ausreicht, um eng beieinander liegende Frequenzkomponenten zu trennen. Dies ist entscheidend für die Identifizierung von Seitenbändern um eine Zahnradeingriffsfrequenz oder für die Unterscheidung zwischen eng beieinander liegenden Laufgeschwindigkeiten in einer Mehrwellenmaschine.
- Mittelwertbildung: Die Norm erläutert die Verwendung der Signalmittelung zur Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses und zur Erzielung stabilerer, wiederholbarerer Messungen. Sie beschreibt verschiedene Arten der Mittelung, wie z. B. die RMS-Mittelung und die Spitzenwertspeicherung, und gibt an, wann diese angewendet werden.
- Fensterung: Dies erklärt die Notwendigkeit der Anwendung einer Fensterfunktion (wie ein Hanning-Fenster) auf die Zeitdaten vor der Durchführung der FFT, um einen Fehler zu minimieren, der als spektrale Leckage.
-
4. Verfahren zur Datenerfassung:
Dieses Kapitel führt Sie von der Einrichtung zur Durchführung und beschreibt ein strenges Verfahren für die Datenerfassung selbst. Der Schwerpunkt liegt darauf, sicherzustellen, dass jede durchgeführte Messung mit allen vergangenen und zukünftigen Messungen vergleichbar ist. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Dokumentation der Betriebsbedingungen der Maschine zum Zeitpunkt des Tests, einschließlich Drehzahl, Belastung, Temperatur und aller anderen relevanten Prozessvariablen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da eine Änderung dieser Bedingungen die Schwingungssignatur einer Maschine erheblich verändern kann und ohne diesen Kontext eine Schwingungsänderung als sich entwickelnder Fehler fehlinterpretiert werden könnte. Die Norm enthält außerdem eine Checkliste zur Überprüfung der Integrität der Messkette vor der Datenerfassung, um sicherzustellen, dass der Sensor ordnungsgemäß montiert, das Kabel in gutem Zustand und die Einstellungen des Datensammlers richtig sind.
-
5. Datenanalyse und -auswertung:
Sobald qualitativ hochwertige Daten erhoben wurden, bietet dieses Kapitel den Rahmen für deren Interpretation. Es formalisiert den zweigleisigen Ansatz zur Evaluierung, der erstmals in Standards wie ISO 10816-1. Die erste Methode ist der **Vergleich absoluter Grenzwerte**, bei dem der gemessene Breitband-Vibrationswert mit vordefinierten Schweregraddiagrammen (z. B. aus der ISO 10816-Reihe) verglichen wird, um zu bestimmen, ob sich die Maschine in einem „guten“, „zufriedenstellenden“ oder „unzufriedenstellenden“ Zustand befindet. Die zweite und leistungsfähigere Methode ist die **Trendanalyse**. Dabei werden Messwerte über einen bestimmten Zeitraum aufgezeichnet, um einen stabilen Basiswert zu ermitteln. Anschließend wird nach signifikanten Abweichungen von diesem Basiswert gesucht. Der Standard betont, dass es oft wichtiger ist, eine Änderung zu erkennen als den absoluten Wert. Er bietet die Methodik zum Festlegen datengesteuerter Alarmstufen „Warnung“ und „Auslösung“. So wird beispielsweise eine Warnung ausgelöst, wenn sich die Vibration gegenüber ihrem normalen Basiswert verdoppelt (ein Anstieg von 100%), und eine Auslösung, wenn sie sich verfünffacht (ein Anstieg von 400%), selbst wenn die absoluten Werte noch in einem akzeptablen Bereich liegen.
-
6. Grundlegende Fehleridentifizierung:
Dieses letzte Kapitel dient als Einführung in den Diagnoseprozess. Während der Schwerpunkt von Teil 1 auf der Datenerfassung und -erkennung liegt, schließt dieser Abschnitt die Lücke zur Diagnose, indem er das Grundprinzip erklärt, dass verschiedene mechanische und elektrische Fehler eindeutige, erkennbare Muster in den Schwingungsdaten erzeugen. Es führt das Konzept der Korrelation spezifischer Frequenzen in der FFT-Spektrum zu ihren physikalischen Quellen auf der Maschine. Beispielsweise wird erklärt, dass ein hoher Peak bei genau der einfachen Laufgeschwindigkeit (1X) typischerweise ein Hinweis auf Unwucht, während ein hoher Peak bei doppelter Laufgeschwindigkeit oft auf Fehlausrichtung. Es beschreibt auch, wie hochfrequente, nicht synchrone Spitzen mit LagerdefekteDieses Kapitel vermittelt das grundlegende Wissen, das ein Analytiker benötigt, um mit der Ursachenanalyse zu beginnen, die Gegenstand fortgeschrittenerer Normen der ISO 13373-Reihe ist.
Schlüsselkonzepte
- Konsistenz und Wiederholbarkeit: Das zentrale Thema der Norm: Ein Überwachungsprogramm ist nutzlos, wenn die Daten nicht einheitlich erfasst werden. ISO 13373-1 bietet die Regeln, um dies zu erreichen.
- Datenqualität: Der Standard legt großen Wert auf Faktoren, die die Datenqualität beeinflussen, insbesondere die Montage des Wandlers und die Auswahl geeigneter Messeinstellungen (z. B. Frequenzbereich, Auflösung).
- Grundlage für ein Programm: Diese Norm ist kein Diagnosehandbuch, das Ihnen erklärt, wie Sie bestimmte Fehler identifizieren. Vielmehr ist sie der wesentliche erste Schritt, der Ihnen zeigt, wie Sie die für die Diagnose verwendeten Daten ordnungsgemäß *erfassen* (diese werden in anderen Normen wie ISO 13373-2 und -3 behandelt).