ISO 7919-1: Mechanische Schwingungen – Bewertung von Maschinenschwingungen durch Messungen an rotierenden Wellen – Teil 1: Allgemeine Richtlinien
Zusammenfassung
ISO 7919-1 ist eine wichtige internationale Norm, die allgemeine Richtlinien für die Messung und Bewertung von Schwingungen an rotierenden Wellen von Maschinen bereitstellt. Diese Norm ist das Gegenstück zu ISO 10816, die sich mit Vibrationen an nicht rotierenden Teilen befasst. ISO 7919 konzentriert sich auf die Verwendung berührungsloser Näherungssonden um die Bewegung der Welle relativ zu ihren Lagern direkt zu messen. Diese Art der Messung ist besonders wichtig für große, kritische Maschinen mit Flüssigkeitsfilmlagern wie Turbinen, Kompressoren und großen Pumpen, bei denen das Verständnis des dynamischen Verhaltens des Rotors für einen sicheren Betrieb unerlässlich ist.
Inhaltsverzeichnis (Konzeptionelle Struktur)
Die Norm bietet einen Rahmen für die Erstellung eines Wellenschwingungsmessprogramms und für die Interpretation der Ergebnisse:
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1. Umfang und Messprinzip:
Dieser erste Abschnitt definiert den Anwendungsbereich der Norm und stellt klar, dass sie die allgemeinen Verfahren zur Messung und Bewertung von Schwingungen rotierender Wellen bereitstellt. Er legt das Grundprinzip fest: Diese Art der Messung konzentriert sich auf die Schwingbewegung der Welle selbst, typischerweise relativ zum stationären Lagergehäuse. Dies ist ein entscheidender Unterschied zu Gehäusemessungen (abgedeckt durch ISO 10816). Wellenschwingungen sind die bevorzugte Messung für Maschinen, bei denen der Rotor im Vergleich zum Gehäuse massiv ist und in Flüssigkeitsfilmlagern gelagert ist. In diesen Fällen kann innerhalb des Lagerspiels eine erhebliche Wellenbewegung auftreten, die nicht auf das äußere Gehäuse übertragen wird. Das primäre Ziel besteht darin, die Schwere dieser dynamischen Wellenbewegung zu bewerten, um die Maschine vor Lagerschäden oder Rotor-Stator-Kontakt zu schützen.
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2. Messgrößen:
In diesem Kapitel werden die zu messenden und zu bewertenden Parameter beschrieben. Die wichtigste Größe für die Beurteilung der Schwingstärke ist die Spp Wert, der Spitze-Spitze Schwingungsverlagerung der Welle. Dies stellt die Gesamtauslenkung der Wellenmittellinie während der Bewegung im Lager dar und ist ein entscheidender Messwert für den Maschinenschutz, da er direkt mit den physikalischen Lagerspielen verglichen werden kann. Die Norm berücksichtigt jedoch auch den Wert anderer Größen für Diagnosezwecke. Sie empfiehlt, dass das Messsystem auch in der Lage sein sollte, die Wellenumlaufbahn (der Verlauf der Wellenmittellinie), der für die Diagnose von Problemen wie Ölwirbel oder Fehlausrichtung von entscheidender Bedeutung ist, und die durchschnittliche Wellenmittellinienposition, deren Veränderung auf Last- oder Ausrichtungsänderungen hinweisen kann. Für manche Anwendungen werden auch gefilterte Schwingwerte (z. B. bei 1-facher Laufgeschwindigkeit) zur Auswertung herangezogen.
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3. Instrumentierung und Montage:
Dieses Kapitel enthält Hinweise zur erforderlichen Hardware für Wellenschwingungsmessungen. Es beschreibt den Einsatz berührungsloser Messsysteme, die aus drei Hauptkomponenten bestehen: Sonde (Sensor), ein Verlängerungskabelund ein Fahrer (oder Näherer)Diese Komponenten werden als System kalibriert und sind nicht austauschbar. Die Norm empfiehlt, die Sonden paarweise an jedem Lager im 90-Grad-Winkel zueinander zu montieren (XY-Konfiguration). Dadurch kann das Messsystem die vollständige zweidimensionale Bewegung der Wellenmittellinie erfassen und die Wellenbahn konstruieren. Die ordnungsgemäße Installation ist von entscheidender Bedeutung. Sie erfordert starre Montagehalterungen, den richtigen Sondenabstand und eine glatte Oberfläche der „Sondenspur“ der Welle ohne elektrischen oder mechanischen Rundlauf, der das Signal verfälschen könnte.
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4. Bewertungskriterien und Zonen:
Dieser Abschnitt stellt den Rahmen für die Beurteilung der Schwere der gemessenen Schwingung dar. Er schlägt zwei Hauptkriterien vor. Das erste ist ein absolutes Kriterium, bei dem die gemessene Wellenschwingung (Spp) gegen vordefinierte Grenzwerte. Die Norm schlägt hierfür ein Vier-Zonen-Modell vor:
- Zone A (Gut): Vibrationspegel an neu in Betrieb genommenen Maschinen.
- Zone B (Befriedigend): Für den uneingeschränkten Dauerbetrieb geeignet.
- Zone C (Ungenügend): Zeigt ein potenzielles Problem an. Die Maschine sollte untersucht werden, um die Ursache zu ermitteln.
- Zone D (nicht akzeptabel): Die Vibrationspegel gelten als schädlich und erfordern sofortiges Handeln.
Das zweite Kriterium basiert auf der Änderung der Schwingungsstärke gegenüber einem bekannten Ausgangswert. Eine deutliche Zunahme der Schwingung, auch wenn sie noch im „Zufriedenstellend“-Bereich liegt, kann ein Frühindikator für einen sich entwickelnden Fehler sein. Dieser Teil der Norm (Teil 1) gibt den allgemeinen Rahmen vor; die spezifischen Zahlenwerte für die Zonengrenzen finden sich in den maschinenspezifischen Teilen der ISO 7919-Reihe.
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5. Anleitung zum Einstellen von Alarmen (Alarm und Auslösung):
Dieser letzte Abschnitt bietet einen praktischen Rahmen für die Implementierung der Bewertungskriterien in ein automatisiertes Maschinenschutzsystem. Er empfiehlt eine zweistufige Alarmstrategie. Die erste Ebene ist eine Alarm (oder „Alarm“) Sollwert. Dieser wird typischerweise über dem normalen, stabilen Betriebsniveau der Maschine eingestellt. Wird dieser Wert überschritten, sollte der Bediener gewarnt werden, dass sich der Zustand der Maschine geändert hat und eine Untersuchung erforderlich ist. Der zweite, höhere Wert ist ein Reise (oder „Abschalt-“)Sollwert. Dies ist ein absoluter Grenzwert, der so festgelegt ist, dass ein fortgesetzter Betrieb wahrscheinlich schwere Schäden verursacht. Wird dieser Grenzwert überschritten, sollte das System eine automatische Abschaltung der Maschine auslösen, um einen katastrophalen Ausfall zu verhindern. Die Norm empfiehlt, diese Sollwerte sowohl auf den absoluten Zonengrenzen (eine Abschaltung sollte nicht über der Grenze von Zone C/D festgelegt werden) als auch auf signifikanten Abweichungen vom festgelegten Basiswert zu basieren (z. B. könnte eine Warnung ausgelöst werden, wenn sich die Vibration verdoppelt, selbst wenn sie sich noch in Zone B befindet).
Schlüsselkonzepte
- Wellen- vs. Gehäusevibration: Das Kernprinzip besteht darin, dass bei bestimmten Maschinen (insbesondere solchen mit massiven, steifen Rotoren und relativ flexiblen Gehäusen) die Bewegung der Welle selbst ein viel direkterer und zuverlässigerer Indikator für den dynamischen Zustand der Maschine ist als die auf die Außenseite des Lagergehäuses übertragenen Vibrationen.
- Maschinenschutz: Während die Daten auch für Diagnosezwecke verwendet werden, liegt die Hauptanwendung des ISO 7919-Frameworks in Echtzeit-Maschinenschutzsystemen, die katastrophale Ausfälle verhindern sollen.
- Bedeutung der Relativbewegung: Durch die Messung der Bewegung der Welle relativ zum Lager können Analysten die Ausnutzung des Lagerspiels direkt beurteilen und spezifische Probleme diagnostizieren, wie z. B. Ölwirbel oder übermäßige Vorspannung.