Mechanische Ermüdung verstehen
Definition: Was ist mechanische Ermüdung?
Mechanische Ermüdung (auch Materialermüdung oder einfach Ermüdung genannt) ist die fortschreitende, örtlich begrenzte Strukturschädigung, die auftritt, wenn ein Material wiederholten Spannungs- oder Dehnungszyklen ausgesetzt wird, selbst wenn die maximale Spannung in jedem Zyklus deutlich unter der Zugfestigkeit oder Streckgrenze des Materials liegt. Durch Ermüdung entstehen mikroskopisch kleine Risse, die über Tausende oder Millionen von Zyklen wachsen und schließlich ohne Vorwarnung zum vollständigen Bruch führen.
Ermüdung ist die häufigste Ausfallursache bei rotierenden Maschinenkomponenten wie Wellen, Zahnrädern, Lagern, Befestigungselementen und Strukturelementen. Sie ist besonders heimtückisch, da Ermüdungsbrüche plötzlich, bei Belastungen, die unter statischer Belastung sicher wären, und oft ohne sichtbare Vorwarnung auftreten. Das Verständnis von Ermüdung ist für die sichere Konstruktion und den sicheren Betrieb von Maschinen unerlässlich.
Der Ermüdungsprozess
Drei Stadien des Ermüdungsversagens
Stufe 1: Rissbildung
- Standort: Beginnt bei Spannungskonzentrationen (Löcher, Ecken, Oberflächendefekte)
- Mechanismus: Lokale plastische Verformung erzeugt mikroskopische Risse (typischerweise < 0,1 mm)
- Dauer: Kann bei glatten Oberflächen eine Gesamtermüdungslebensdauer von 50–90% erreichen
- Erkennung: Extrem schwierig, im Betrieb meist nicht erkennbar
Stufe 2: Rissausbreitung
- Prozess: Der Riss wächst mit jedem Spannungszyklus schrittweise
- Rate: Folgt dem Pariser Gesetz – Rate proportional zum Spannungsintensitätsfaktor
- Aussehen: Glatte, typischerweise halbkreisförmige oder elliptische Rissfront
- Strandmarkierungen: Konzentrische Muster, die die Stadien des Risswachstums zeigen (auf der Bruchoberfläche sichtbar)
- Dauer: Kann 10-50% der Gesamtlebensdauer betragen
Stadium 3: Endgültiger Bruch
- Der Riss wächst auf eine kritische Größe, bei der das verbleibende Material die Last nicht mehr tragen kann
- Plötzlicher, katastrophaler Bruch des verbleibenden Querschnitts
- Bruchoberfläche rau und unregelmäßig (im Gegensatz zur glatten Ermüdungszone)
- Tritt normalerweise ohne Vorwarnung während des Normalbetriebs auf
Ermüdung in rotierenden Maschinen
Wellenermüdung
- Ursache: Biegespannungen von Unwucht, Fehlausrichtung, oder Querlasten
- Stresszyklus: Bei jeder Umdrehung erfährt die rotierende Welle eine vollständige Umkehr
- Häufige Standorte: Passfedernuten, Durchmesseränderungen, Schultern, Presspassungen
- Typisches Leben: 10⁷ bis 10⁹ Zyklen (Betriebsjahre)
- Erkennung: Wellenriss Schwingungssignaturen (2× Komponente)
Lagerermüdung
- Mechanismus: Wälzkontaktermüdung durch Hertzsche Pressungen
- Ergebnis: Abplatzungen von Lagerringen oder Wälzkörpern
- L10 Leben: Statistische Lebensdauer, bei der 10% der Lager ausfallen (Auslegungsgrundlage)
- Erkennung: Lagerfehlerhäufigkeiten im Schwingungsspektrum
Zahnermüdung
- Biegeermüdung: Risse entstehen an der Zahnwurzelrundung
- Kontaktermüdung: Oberflächennarben und Abplatzungen
- Zyklen: Jeder Eingriff ist ein Zyklus
- Versagen: Zahnbruch oder Oberflächenbeschädigung
Ermüdung der Befestigungselemente
- Schrauben mit wechselnden Belastungen von Vibration
- Risse entstehen typischerweise am ersten Gewinde der Mutter
- Plötzlicher Bolzenbruch ohne sichtbare Warnung
- Kann zum Zusammenbruch oder zur Trennung der Ausrüstung führen
Strukturelle Ermüdung
- Rahmen, Sockel, Schweißnähte, die zyklischer Belastung ausgesetzt sind
- Vibration erzeugt Wechselspannungen
- Risse an Schweißnähten, Ecken, geometrischen Unstetigkeiten
- Fortschreitendes Versagen der Stützstrukturen
Faktoren, die die Ermüdungslebensdauer beeinflussen
Spannungsamplitude
- Die Ermüdungslebensdauer nimmt exponentiell mit der Spannungsamplitude ab
- Typische Beziehung: Leben ∝ 1/Stress⁶ bis 1/Stress¹⁰
- Kleine Stressreduktionen verlängern das Leben dramatisch
- Durch die Minimierung von Vibrationen wird die Lebensdauer der Komponenten direkt verlängert
Mittlere Spannung
- Statische (mittlere) Belastung in Kombination mit Wechselbelastung beeinflusst das Leben
- Höhere Mittelspannung verringert die Dauerfestigkeit
- Vorgespannte Bauteile sind anfälliger
Spannungskonzentrationen
- Geometrische Merkmale (Löcher, Ecken, Rillen) konzentrieren die Spannung
- Spannungskonzentrationsfaktor (Kt) multipliziert mit der Nennspannung
- Risse entstehen fast immer bei Spannungskonzentrationen
- Mit großzügigen Radien gestalten, scharfe Ecken vermeiden
Oberflächenbeschaffenheit
- Die Oberflächenbeschaffenheit beeinflusst die Dauerfestigkeit (glatt > rau)
- Oberflächendefekte (Kerben, Kratzer, Korrosionslöcher) verursachen Risse
- Oberflächenbehandlungen (Kugelstrahlen, Nitrieren) verbessern die Ermüdungsbeständigkeit
Umfeld
- Korrosionsermüdung: Korrosive Umgebung beschleunigt Risswachstum
- Temperatur: Erhöhte Temperaturen verringern die Dauerfestigkeit
- Frequenz: Sehr hohe oder sehr niedrige Radfahrraten können das Leben beeinträchtigen
Präventionsstrategien
Entwurfsphase
- Spannungskonzentrationen beseitigen oder minimieren (großzügige Rundungen verwenden)
- Design für ausreichende Ermüdungsreserven (typischerweise Sicherheitsfaktoren 2–4)
- Wählen Sie Materialien mit guten Ermüdungseigenschaften
- Finite-Elemente-Analyse zur Identifizierung von Bereichen mit hoher Belastung
- Vermeiden Sie nach Möglichkeit scharfe Ecken und Löcher in stark beanspruchten Bereichen
Herstellung
- Verbessern Sie die Oberflächenbeschaffenheit kritischer Komponenten
- Oberflächenbehandlungen (Kugelstrahlen, Einsatzhärten)
- Richtige Wärmebehandlung für optimale Dauerfestigkeit
- Vermeiden Sie Bearbeitungsspuren senkrecht zur Spannungsrichtung
Betrieb
- Vibrationen reduzieren: Gut Gleichgewicht, präzise Ausrichtung minimiert Wechselspannungen
- Überlastung vermeiden: Betrieb innerhalb der Konstruktionsgrenzen
- Resonanz verhindern: Vermeiden Sie den Betrieb bei kritische Geschwindigkeiten
- Korrosionskontrolle: Schutzbeschichtungen, Korrosionsinhibitoren
Wartung
- Regelmäßige Prüfung auf Risse (visuell, NDT-Methoden)
- Überwachen Sie die Vibration, um frühzeitig vor der Entstehung von Rissen zu warnen
- Ersetzen Sie die Komponenten am Ende der berechneten Lebensdauer
- Oberflächenschäden umgehend reparieren (können Rissbildungsstellen sein)
Mechanische Ermüdung ist eine grundlegende Ausfallart bei rotierenden Maschinen, die aufgrund zyklischer Schäden plötzliche, oft katastrophale Ausfälle verursacht. Das Verständnis der Ermüdungsmechanismen, die Minimierung wechselnder Belastungen und die Aufrechterhaltung niedriger Vibrationspegel durch richtiges Auswuchten und Ausrichten sind unerlässlich, um Ermüdungsausfälle zu vermeiden und eine lange, zuverlässige Lebensdauer der Maschinenkomponenten zu gewährleisten.