Der Crest-Faktor in der Schwingungsanalyse
Definition: Was ist der Crest-Faktor?
Crest-Faktor ist eine dimensionslose Kennzahl, die ein einfaches Maß für die „Spitzenhaftigkeit“ oder Impulsivität eines Schwingungssignals liefert. Sie wird berechnet, indem die Spitzenamplitude einer Zeitwellenform durch ihre RMS (quadratischer Mittelwert) Wert.
Crest-Faktor = Spitzenamplitude / Effektivwert
Während der RMS-Wert die Gesamtenergie oder -leistung des Signals quantifiziert, hebt der Crest-Faktor das Vorhandensein von kurzzeitigen Auswirkungen mit hoher Amplitude hervor, die sonst im Gesamtenergiedurchschnitt verloren gehen könnten.
Warum ist der Crest-Faktor wichtig?
Der Crest-Faktor wird in der Zustandsüberwachung vor allem zur Früherkennung von Fehlern in WälzlagerEin intaktes Lager erzeugt ein gleichmäßiges, kontinuierliches Vibrationssignal, das einer reinen Sinuswelle sehr nahe kommt. Eine reine Sinuswelle hat einen Crest-Faktor von 1,414 (die Quadratwurzel aus 2).
Wenn sich mikroskopische Defekte (wie Absplitterungen oder Risse) an den Laufringen oder Wälzkörpern bilden, erzeugt jeder Aufprall eine kleine, scharfe Spitze in der Zeitwellenform. Diese Spitzen haben eine hohe Spitzenamplitude, enthalten aber nur sehr wenig Energie, sodass sie den Gesamt-RMS-Wert zunächst nicht signifikant erhöhen. Sie verursachen jedoch einen drastischen Anstieg des Crest-Faktors.
- A niedriger und stabiler Crest-Faktor (z. B. unter 3) weist normalerweise auf eine Maschine in gutem Zustand hin.
- A steigender Crest-Faktor ist oft das allererste Warnsignal dafür, dass ein Lager auszufallen beginnt, noch bevor der Fehler im FFT-Spektrum sichtbar oder für das menschliche Ohr hörbar ist.
Der Lebenszyklus eines Lagerfehlers und der Scheitelfaktor
Der Crest-Faktor-Trend folgt während des gesamten Ausfalllebenszyklus eines Lagers einem bestimmten Muster:
- Stufe 1: Frühfehler – Mit den ersten mikroskopischen Stößen steigt der Crest-Faktor deutlich an. Der RMS-Wert bleibt niedrig. Dies ist der ideale Zeitpunkt, um den Fehler zu erkennen.
- Stufe 2: Entwicklung eines Fehlers – Mit zunehmender Schädigung werden die Stöße häufiger und stärker. Der Effektivwert steigt mit zunehmender Schwingungsenergie an. Der Crest-Faktor kann stagnieren oder sogar leicht abnehmen, da das Signal weniger „stachelig“ und insgesamt verrauschter wird.
- Stadium 3: Spätes Versagen – Der Lagerschaden ist nun großflächig. Das Schwingungssignal ist stark verrauscht und chaotisch, mit hohen Amplituden. Der RMS-Wert ist sehr hoch. Der Crest-Faktor sinkt deutlich, oft wieder in den „guten“ Bereich, da das Signal nicht mehr von deutlichen Spitzen, sondern von kontinuierlichen, energiereichen Zufallsschwingungen dominiert wird.
Dies ist ein kritischer Punkt: Ein niedriger Crest-Faktor ist nicht immer ein Indikator für eine gesunde Maschine. Wenn der RMS-Wert hoch ist, kann ein niedriger Crest-Faktor auf ein sehr fortgeschrittenes Ausfallstadium hinweisen. Daher sollte der Crest-Faktor immer zusammen mit dem Gesamt-RMS-Wert analysiert und ausgewertet werden.
Einschränkungen
Obwohl Crest Factor nützlich ist, weist es Einschränkungen auf:
- Es ist kein gutes Diagnosewerkzeug. Ein hoher Crest-Faktor weist auf das Vorhandensein von Stößen hin, gibt aber keinen Aufschluss über deren Quelle oder Häufigkeit. Weitere Analysen mit Techniken wie Hüllkurvenanalyse ist für eine vollständige Diagnose erforderlich.
- Es reagiert empfindlich auf einmalige Ereignisse. Ein einzelner, sich nicht wiederholender Stoß (z. B. ein Gabelstapler, der gegen den Maschinensockel stößt) kann einen vorübergehenden Anstieg des Scheitelfaktors verursachen, der bei unzureichender Untersuchung zu einem Fehlalarm führt.
- Es wird mit fortschreitendem Fehler weniger nützlich, wie im obigen Lebenszyklus beschrieben.