Verständnis radialer Schwingungen in rotierenden Maschinen
Definition: Was ist eine Radialschwingung?
Radialschwingung Radialschwingungen sind die Bewegung einer rotierenden Welle senkrecht zu ihrer Drehachse, die sich wie die Radien eines Kreises vom Mittelpunkt nach außen ausbreitet. Der Begriff “radial” bezieht sich auf jede Richtung, die von der Wellenmittellinie ausgeht und umfasst sowohl horizontale (seitliche) als auch vertikale (auf- und abwärts gerichtete) Bewegungen. Radialschwingungen sind synonym mit … seitliche Vibration oder Querschwingung und stellt die am häufigsten gemessene und überwachte Form von Vibration in rotierenden Maschinen.
In der Praxis werden radiale Schwingungen typischerweise an jeder Lagerstelle in zwei zueinander senkrechten Richtungen – horizontal und vertikal – gemessen, um ein vollständiges Bild der Bewegung der Welle senkrecht zu ihrer Achse zu erhalten.
Messanweisungen
Horizontale Radialschwingung
Die horizontale Schwingung wird in seitlicher Richtung gemessen:
- Senkrecht zur Schachtachse und parallel zum Boden
- Oft der am besten zugängliche Messort
- Zeigt typischerweise die Auswirkungen der Schwerkraft, der Asymmetrie der Fundamentsteifigkeit und der horizontalen Krafteinwirkungsfunktionen.
- Standardmäßige Messausrichtung für die meisten Schwingungsüberwachungsprogramme
Vertikale Radialschwingung
Vertikale Schwingungen werden in Auf- und Abwärtsrichtung gemessen:
- Senkrecht zur Schachtachse und senkrecht zum Boden/Fußboden
- Wird von der Schwerkraft und dem Gewicht des Rotors beeinflusst.
- Oftmals höhere Amplitude als horizontal, da das Rotorgewicht eine asymmetrische Steifigkeit erzeugt.
- Unerlässlich für die Erkennung von Problemen in vertikal ausgerichteten Maschinen (vertikale Pumpen, Motoren)
Gesamte Radialschwingung
Die gesamte radiale Schwingung kann als Vektorsumme der horizontalen und vertikalen Komponenten berechnet werden:
- Radialsumme = √(Horizontal² + Vertikal²)
- Stellt die tatsächliche Bewegungsgröße unabhängig von der Richtung dar.
- Nützlich für Schweregradbewertungen mit einer einzigen Zahl
Hauptursachen radialer Schwingungen
Radialschwingungen werden durch Kräfte erzeugt, die senkrecht zur Wellenachse wirken:
1. Ungleichgewicht (Hauptursache)
Unwucht ist die häufigste Ursache für Radialschwingungen in rotierenden Maschinen:
- Erzeugt eine Zentrifugalkraft, die sich mit der Wellendrehzahl (1X) dreht.
- Die Kraftgröße ist proportional zur Unwuchtmasse, zum Radius und zum Quadrat der Geschwindigkeit.
- Erzeugt kreisförmige oder elliptische Wellenumlaufbahn
- Korrigierbar durch Bilanzierung Verfahren
2. Fehlausrichtung
Wellenversatz zwischen gekoppelten Maschinen erzeugt sowohl radiale als auch axiale Schwingung:
- Vorwiegend 2-fache (zweimal pro Umdrehung) Radialschwingung
- Erzeugt außerdem 1x-, 3x- und höhere Harmonische
- Hohe axiale Schwingungen gehen mit radialen Schwingungen einher.
- Phasenbeziehungen zwischen Lagern zur Diagnose von Fehlausrichtungstypen
3. Mechanische Defekte
Verschiedene mechanische Probleme erzeugen charakteristische radiale Schwingungsmuster:
- Lagerdefekte: Hochfrequente Stöße bei Lagerfehlerfrequenzen
- Gebogener oder gekrümmter Schaft: 1X Vibration ähnlich einer Unwucht, aber auch bei langsamer Fahrt vorhanden.
- Lockerheit: Mehrere Harmonische (1X, 2X, 3X) mit nichtlinearem Verhalten
- Risse: 1-fache und 2-fache Vibration mit Veränderungen beim Starten/Abschalten
- Reibt: Subsynchrone und synchrone Komponenten
4. Aerodynamische und hydraulische Kräfte
Prozesskräfte in Pumpen, Ventilatoren und Kompressoren erzeugen radiale Kräfte:
- Schaufelpassagehäufigkeit (Anzahl der Schaufeln × Drehzahl)
- Hydraulisches Ungleichgewicht aufgrund asymmetrischer Strömung
- Wirbelablösung und Strömungsturbulenz
- Rezirkulations- und Teillastbetrieb
5. Resonanzbedingungen
Beim Betrieb in der Nähe kritische Geschwindigkeiten, Die radiale Schwingung verstärkt sich dramatisch:
- Die Eigenfrequenz stimmt mit der Anregungsfrequenz überein.
- Die Amplitude ist nur durch das System begrenzt. Dämpfung
- Potenzial für katastrophale Vibrationsniveaus
- Erfordert ausreichende Sicherheitsabstände in der Konstruktion.
Messnormen und -parameter
Maßeinheiten
Die Radialschwingung kann durch drei zusammenhängende Parameter ausgedrückt werden:
- Verschiebung: Tatsächlicher Bewegungsweg (Mikrometer µm, mils). Wird für Messungen an langsam laufenden Maschinen und mit Näherungssensoren verwendet.
- Geschwindigkeit: Änderungsrate der Verschiebung (mm/s, in/s). Am häufigsten verwendet bei allgemeinen Industriemaschinen, Grundlage für ISO-Normen.
- Beschleunigung: Änderungsrate der Geschwindigkeit (m/s², g). Wird für Hochfrequenzmessungen und die Erkennung von Lagerschäden verwendet.
Internationale Standards
Die ISO-20816-Reihe legt Grenzwerte für die Schwere radialer Schwingungen fest:
- ISO 20816-1: Allgemeine Richtlinien für die Bewertung von Maschinenschwingungen
- ISO 20816-3: Spezifische Kriterien für Industriemaschinen > 15 kW
- Schweregrade: A (gut), B (akzeptabel), C (ungenügend), D (nicht akzeptabel)
- Messort: Typischerweise an Lagergehäusen in radialer Richtung
Branchenspezifische Standards
- API 610: Radialschwingungsgrenzen von Kreiselpumpen
- API 617: Schwingungskriterien für Zentrifugalkompressoren
- API 684: Verfahren zur Rotordynamikanalyse für die Vorhersage radialer Schwingungen
- NEMA MG-1: Grenzwerte für die Vibration von Elektromotoren
Überwachungs- und Diagnoseverfahren
Routineüberwachung
Standardmäßige Schwingungsüberwachungsprogramme messen radiale Schwingungen:
- Routenbasierte Datenerfassung: Periodische Messungen in festen Abständen (monatlich, vierteljährlich)
- Trend des Gesamtniveaus: Verfolgen Sie die gesamte Schwingungsamplitude über die Zeit
- Alarmgrenzen: Gemäß ISO- oder gerätespezifischen Normen festgelegt
- Vergleich: Aktueller Zustand vs. Ausgangszustand, horizontal vs. vertikal
Erweiterte Analyse
Eine detaillierte Analyse der radialen Schwingungen liefert diagnostische Informationen:
- FFT-Analyse: Frequenzspektrum mit Darstellung der Schwingungskomponenten
- Zeitwellenform: Vibrationssignal über die Zeit, das Transienten und Modulationen aufzeigt
- Phasenanalyse: Zeitliche Zusammenhänge zwischen Messpunkten
- Orbitanalyse: Bewegungsmuster der Wellenmittellinie
- Hüllkurvenanalyse: Hochfrequenzdemodulation zur Erkennung von Lagerdefekten
Kontinuierliche Überwachung
Kritische Anlagen verfügen häufig über eine permanente Überwachung der Radialschwingungen:
- Näherungssensoren zur direkten Wellenbewegungsmessung
- Fest montierte Beschleunigungsmesser an Lagergehäusen
- Trends und Alarmmeldungen in Echtzeit
- Integration eines automatischen Schutzsystems
Horizontale vs. vertikale Unterschiede
Typische Amplitudenbeziehungen
Bei vielen Maschinen übersteigt die vertikale Radialschwingung die horizontale:
- Schwerkrafteffekt: Das Rotorgewicht erzeugt eine statische Durchbiegung, die die vertikale Steifigkeit beeinflusst.
- Asymmetrische Steifigkeit: Fundament- und Tragkonstruktionen sind oft horizontal steifer
- Typisches Verhältnis: Vertikale Vibrationen mit dem 1,5- bis 2-Fachen der horizontalen Vibrationen sind üblich.
- Auswirkung des Gleichgewichtsgewichts: Korrekturgewichte, die an der Unterseite des Rotors angebracht sind (leichter Zugang), reduzieren vorzugsweise die vertikalen Vibrationen.
Diagnostische Unterschiede
- Unwucht: Kann je nach Lage des Ungleichgewichts in eine Richtung stärker ausgeprägt sein.
- Lockerheit: Zeigt oft eine in vertikaler Richtung stärker ausgeprägte Nichtlinearität.
- Stiftungsprobleme: Vertikale Vibrationen reagieren empfindlicher auf Fundamentschäden
- Fehlausrichtung: Kann je nach Art der Fehlausrichtung horizontal oder vertikal unterschiedlich aussehen.
Beziehung zur Rotordynamik
Radialschwingungen spielen eine zentrale Rolle bei Rotordynamik Analyse:
Kritische Geschwindigkeiten
- Radiale Eigenfrequenzen bestimmen kritische Geschwindigkeiten
- Die erste kritische Drehzahl entspricht typischerweise dem ersten radialen Biegemodus.
- Campbell-Diagramme Vorhersage des radialen Schwingungsverhaltens in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit
- Sicherheitsabstände zu kritischen Drehzahlen verhindern übermäßige Radialschwingungen
Eigenformen
- Jeder radiale Schwingungsmodus weist eine charakteristische Auslenkungsform auf.
- Erster Modus: einfache Bogenbiegung
- Zweiter Modus: S-Kurve mit Knotenpunkt
- Höhere Modi: zunehmend komplexere Muster
Abwägungsüberlegungen
- Auswuchtziele zielen auf die Reduzierung radialer Schwingungen bei 1X-Frequenz ab.
- Einflusskoeffizienten Korrekturgewichte mit Änderungen der Radialschwingungen in Beziehung setzen
- Optimale Korrekturebenenpositionen basierend auf radialen Schwingungsformen
Korrektur- und Kontrollmethoden
Bei Ungleichgewicht
- Feldausgleich Verwendung tragbarer Analysegeräte
- Einzelebene oder Zwei-Ebenen-Auswuchten Verfahren
- Präzisionsauswuchtung für kritische Komponenten
Bei mechanischen Problemen
- Präzise Ausrichtung zur Korrektur von Fehlausrichtungen
- Lageraustausch bei Lagerdefekten
- Lose Bauteile festziehen
- Fundamentreparaturen bei strukturellen Problemen
- Wellenrichten oder Austausch verbogener Wellen
Bei Resonanzproblemen
- Geschwindigkeitsänderungen zur Vermeidung kritischer Geschwindigkeitsbereiche
- Steifigkeitsänderungen (Wellendurchmesser, Änderungen der Lagerposition)
- Dämpfungsverbesserungen (Quetschfilmdämpfer, Lagerauswahl)
- Massenänderungen verschieben Eigenfrequenzen
Bedeutung für die vorausschauende Instandhaltung
Die Überwachung radialer Schwingungen ist der Eckpfeiler vorausschauender Instandhaltungsprogramme:
- Frühzeitige Fehlererkennung: Veränderungen der Radialschwingung gehen Ausfällen um Wochen oder Monate voraus.
- Trend: Allmähliche Zunahmen deuten auf sich entwickelnde Probleme hin
- Fehlerdiagnose: Frequenzinhalte identifizieren spezifische Fehlertypen
- Bewertung des Schweregrads: Die Amplitude gibt den Schweregrad und die Dringlichkeit des Problems an.
- Wartungsplanung: Zustandsorientierte statt zeitbasierte Instandhaltung
- Kosteneinsparungen: Verhindert katastrophale Ausfälle und optimiert die Wartungsintervalle.
Als primäre Schwingungsmessung bei rotierenden Maschinen liefert die Radialschwingung wichtige Informationen über den Zustand der Anlagen und ist daher unverzichtbar für den zuverlässigen, sicheren und effizienten Betrieb industrieller rotierender Anlagen.
 
									 
									 
									 
									 
									 
									