ISO 10816-3: Mechanische Schwingungen – Bewertung von Maschinenschwingungen durch Messungen an nicht rotierenden Teilen – Teil 3: Industriemaschinen
Zusammenfassung
ISO 10816-3 ist eine weit verbreitete, praktische Norm, die spezifische numerische Grenzwerte für die Schwingungsstärke gängiger Industriemaschinen vorgibt. Sie ist die direkte Anwendung des allgemeinen Rahmens, der in ISO 10816-1Während in Teil 1 allgemein erklärt wird, *wie* Vibrationen gemessen und bewertet werden, werden in Teil 3 die tatsächlichen Zahlen – die RMS-Geschwindigkeitswerte – bereitgestellt, die die Grenzen für die Bewertungsbereiche „Gut“, „Befriedigend“, „Unzufriedenstellend“ und „Inakzeptabel“ für bestimmte Maschinengruppen definieren.
Hinweis: Diese Norm wurde offiziell durch ISO 20816-3 ersetzt, das den Rahmen aktualisiert, die Kernprinzipien und viele der Grenzwerte bleiben jedoch äußerst relevant.
Inhaltsverzeichnis (Konzeptionelle Struktur)
Die Norm ist so strukturiert, dass sie eine klare, umsetzbare Anleitung zur Beurteilung der Schwingungen einer bestimmten Maschine bietet:
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1. Geltungsbereich:
Dieser erste Abschnitt spezifiziert die Maschinentypen, für die diese Norm gilt. Er dient als praktischer Leitfaden für die gängigsten Industriemaschinen wie Kreiselpumpen, Elektromotoren, Kompressoren und Lüfter mit einer Leistung über 15 kW und Drehzahlen zwischen 120 und 15.000 U/min. Er besagt ausdrücklich, dass er für Messungen an nicht rotierenden Teilen (z. B. Lagergehäusen) unter normalen stationären Betriebsbedingungen gilt. Er verdeutlicht außerdem, welche Maschinentypen, wie z. B. Kolbenmaschinen und Werkzeugmaschinen, von der Norm ausgenommen sind und durch andere spezifische Normen abgedeckt sind.
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2. Maschinenklassifizierung (Gruppen):
Dieser Abschnitt ist für die korrekte Anwendung der Norm von grundlegender Bedeutung, da er Industriemaschinen anhand von drei Schlüsselfaktoren in vier verschiedene Gruppen einteilt: Nennleistung, Fundamentart und Montageeigenschaften. Die Klassifizierung ist entscheidend, da für Maschinen in verschiedenen Gruppen unterschiedliche Schwingungsgrenzwerte gelten. Die vier Gruppen sind:
- Gruppe 1: Große Maschinen mit einer Leistung von über 300 kW, typischerweise auf starren, schweren Fundamenten (z. B. Betonplatten) montiert. Zu diesen Maschinen gehören große Pumpen, Kompressoren und Generatoren. Aufgrund ihrer Größe und der starren Montage sind sehr geringe Vibrationen zu erwarten.
- Gruppe 2: Mittelgroße Maschinen mit Leistungen zwischen 15 kW und 300 kW, ebenfalls auf starren Fundamenten montiert. Diese Gruppe umfasst den Großteil gängiger Industrieanlagen, darunter die meisten Elektromotoren, mittelgroße Pumpen und Lüfter. Die Schwingungsgrenzwerte für diese Gruppe sind höher als für Gruppe 1, aber immer noch recht restriktiv.
- Gruppe 3: Große Maschinen mit einer Leistung von über 300 kW, die jedoch auf flexiblen oder weichen Fundamenten (z. B. Federisolatoren oder Gummilagern) montiert sind. Die flexible Lagerung ermöglicht höhere Vibrationspegel, ohne dass Kräfte auf die umgebende Struktur übertragen werden.
- Gruppe 4: Mittelgroße Maschinen (15 kW bis 300 kW) auf flexiblen Fundamenten. Diese Gruppe weist die geringsten Schwingungsgrenzwerte auf, da die Kombination aus moderater Größe und flexibler Aufhängung höhere zulässige Schwingungspegel ermöglicht.
Für die richtige Klassifizierung ist die Unterscheidung zwischen starren und flexiblen Fundamenten entscheidend. Ein starres Fundament überträgt Schwingungen direkt auf die umgebende Struktur, während ein flexibles Fundament die Maschinenschwingungen von der Umgebung isoliert.
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3. Werte der Vibrationsstärkezone (das Diagramm):
Dieser Abschnitt enthält das numerische Herzstück des Standards – die spezifischen RMS-Geschwindigkeit Werte (in mm/s), die die Grenzen zwischen den Bewertungszonen für jede Maschinengruppe definieren. Die Norm stellt diese Informationen in Tabellenform dar und bietet klare, umsetzbare Grenzwerte für die Zustandsbewertung. Typische Werte könnten beispielsweise sein: Maschinen der Gruppe 1 haben eine A/B-Grenze von 0,71 mm/s und eine B/C-Grenze von 1,8 mm/s, während Maschinen der Gruppe 4 eine A/B-Grenze von 1,8 mm/s und eine B/C-Grenze von 4,5 mm/s haben. Diese numerischen Werte sind das Ergebnis jahrzehntelanger empirischer Datenerhebungen von Industriemaschinen weltweit. Die Tabelle enthält auch entsprechende Werte in Zoll/Sekunde für Regionen mit imperialen Maßeinheiten, wodurch die globale Anwendbarkeit der Norm gewährleistet wird.
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4. Hinweise zur Bewerbung:
Dieser letzte Abschnitt bietet wichtige praktische Hinweise zur korrekten Anwendung der Zonenwerte in realen Situationen. Dabei wird zwischen zwei Hauptanwendungen unterschieden: Abnahmeprüfung und Betriebsüberwachung. Für Abnahmeprüfungen neuer, gerade installierter oder frisch reparierter Geräte empfiehlt die Norm, dass die Schwingungspegel normalerweise in Zone A (für Maschinen mit möglichst geringem Lauf) oder Zone B (für akzeptable Maschinen) liegen sollten. Alle neuen Geräte mit Schwingungspegeln der Zone C sollten vor der Inbetriebnahme untersucht und korrigiert werden. Für die Betriebsüberwachung bereits in Betrieb befindlicher Maschinen erkennt die Norm an, dass einige Maschinen in Zone B akzeptabel funktionieren können, betont jedoch, dass jede Bewegung von einer niedrigeren Zone in eine höhere Zone (wie etwa von Zone B in Zone C) eine signifikante Veränderung darstellt, die eine sofortige Untersuchung rechtfertigt. Der Abschnitt enthält außerdem Hinweise zu Messverfahren und betont, wie wichtig es ist, Messungen an den Lagerstellen in drei orthogonalen Richtungen (horizontal, vertikal und axial) durchzuführen und den höchsten Messwert zur Auswertung zu verwenden.
Schlüsselkonzepte
- Umsetzbare Grenzen: Der Hauptnutzen dieser Norm besteht darin, dass sie den theoretischen Rahmen von Teil 1 in konkrete, numerische Grenzwerte umsetzt. Sie bildet die Grundlage für die Einrichtung von Alarmen in Überwachungssystemen und für die Entscheidung über die Eignung neuer Geräte.
- Bedeutung der Maschinengruppierung: Ein Schwingungspegel, der für einen großen, flexibel montierten Lüfter (Gruppe 3) noch akzeptabel ist, kann bei einem mittelgroßen, starr montierten Motor (Gruppe 2) ein Anzeichen für einen bevorstehenden Ausfall sein. Die richtige Klassifizierung der Maschine ist der entscheidende erste Schritt.
- Breitband-Screening-Tool: Wie die Vorgängernorm basiert ISO 10816-3 auf einer einzigen breitbandigen RMS-Geschwindigkeitsmessung. Sie soll zwar ein Problem erkennen, liefert aber keine Diagnoseinformationen zur Ermittlung der Ursache. Dafür Spektralanalyse ist erforderlich.